eine Reportage von Charlotte Luther im Mai 2021
Der Islandpferdehof Obertorhof von Susi Korf in der Nähe von Stuttgart wurde im Zuge der neuen Qualitätsoffensive des Verbands nach bundeseinheitlichen Standards zertifiziert und hat fünf von fünf möglichen Sternen abgestaubt. Ein Besuch im Paradies.
Hat man den Verkehr und den Trubel von Stuttgart erst einmal hinter sich gelassen, findet man sich erstaunlich schnell in einem Idyll wieder. Entlang des Flusses Murr reihen sich süße Dörfchen auf wie an einer Perlenkette, Falken und Reier eskortieren alle Besucher an den Waldrand von Kirchberg, wo Susi Korf seit drei Jahren ihren Islandpferdehof Obertorhof führt.
Dass sie dabei nicht allein ist, bemerkt man schon beim Verlassen des Fahrzeugs: In einem Affenzahn kommt Lani auf alle Neuankömmlinge freudig zugewetzt. Lani, ein verschmustes Mittelspitzmädchen, ist die heimliche Herrin des Hofs mitsamt aller Vierbeiner und Zweibeiner. An ihr kommt niemand vorbei, ohne eine ordentliche Ladung Streicheleinheiten zu spendieren.
Wegezoll für den Zutritt in Susis Reich.
Am besten, man verrät es Lani nicht, aber natürlich geht es vorrangig gar nicht um sie, sondern um jede Menge Isländer, die jeden Besucher neugierig mustern. Für Susi ist dieser Hof ein wahrgewordener Traum. „Ich habe viele Jahre nach einem geeigneten Hof gesucht“, erzählt sie uns bei unserem Besuch anlässlich der Fünf-Sterne-Auszeichnung. Hier habe wirklich alles gepasst, es sei der berühmte Sechser im Lotto: „Die Größe ist perfekt für die Pferde und das Ausreitgelände rundherum wunderschön und echt riesig“, schwärmt Susi.
Ein Rundgang über die gepflegte Anlage mit viel Liebe zum Detail bestätigt das.
Heute ist sie Pächterin des gesamten Geländes, auf dem auch ihr Wohnhaus und eine Ferienwohnung stehen – ein kleines Biotop der Achtsamkeit. „Mein Hof ist ein sicherer, gesunder Ort für Pferde und Menschen. Deswegen ist es mir immens wichtig, dass sowohl die Pferde wie auch die Menschen sich hier wohlfühlen. Ich bemühe mich, ihnen eine Umgebung zu schaffen, in der sie sich bestens entwickeln können – mit gutem Futter und genügend Auslauf, besten Trainingsvoraussetzungen und einem breiten Kursangebot.“
Wer das Reiterstübchen betritt, natürlich auf Schritt und Tritt begleitet von Klein-Lani, staunt erst mal nicht schlecht über die unzähligen Auszeichnungen, die Susi in ihrem Leben zusammengetragen hat. Schon früh nimmt sie erfolgreich an Turnieren teil, machte ihren IPZV Trainer C und B-Schein, wurde API-Prüfer und legte Prüfungen im Parelli-Natural-Horsemanship ab. Sie ist IPZV-Jungpferdebereiter und Hestadagar-Richter. Außerdem Trainerin für Dual-Aktivierung®, Equikinetic® und Centered Riding®. Bei allem Wissen und allen Qualifikationen stehen bis heute Spaß, jedwede Form der Boden-und Longenarbeit, Sitzschulungen und Jungpferdearbeit an oberster Stelle.
Mehrmals im Jahr finden IPZV API-Lehrgänge und –Prüfungen statt.
Eins spürt man auf ihrem Hof sofort: Horsemanship wird hier großgeschrieben. Die Tiere sind ruhig und entspannt, werden mit Bedacht und Weitblick trainiert. „Das Training muss sinnvoll aufgebaut werden und immer das Pferd an erste Stelle setzen“, betont sie. „Arbeiten mit Plan, mit viel Geduld, mit Abwechslungsreichtum und mit Rücksicht auf das Tier sind das A und O für mich. Ich lege sehr viel Wert auf sinnvolle Bodenarbeit und gesunderhaltende Gymnastizierung, Reitunterricht findet längst nicht nur im Sattel statt. Kein Pferd ist gleich, also braucht jedes Pferd einen individuellen Trainingsplan.“
Die Zertifizierung spiegelt diese akribische Arbeit wider.
Bevor sie sich auf dem Obertorhof niedergelassen hat, war sie zuletzt als mobile Trainerin zehn Jahre auf verschiedenen Höfen im Einsatz. Eine spannende Zeit, sagt sie rückblickend, „mittlerweile kann ich mir das allerdings nicht mehr vorstellen.“ Sie blickt sich auf ihrem Hof um. „Hier gehöre ich hin. Auf meinem Hof sollen alle Ruhe finden und ankommen – vom Schulpferd bis zum Gastpferd, vom Reitschüler bis zum Einsteller.“
Wenn Susi von ihren Pferden erzählt, dann verändert sich ihre Stimme. Man spürt sofort, dass es für sie nicht nur Tiere sind, mit denen sie ihren Lebensunterhalt bestreitet, sondern Weggefährten. „Alle meine Lehrpferde haben eine besondere Geschichte zu erzählen“, beginnt sie. „Kappi kenne ich schon seit dem Fohlenalter – er wurde sogar vor vielen Jahren von mir ausgebildet. Dann verloren wir uns aus den Augen – und jetzt ist er wieder bei mir. Oder Smilla, die von mir gezüchtet wurde: Diverse Tierärzte rieten mir nach ihrer Geburt, sie einschläfern zu lassen, weil sie angeblich niemals wie ein normales Pferd laufen werden könne. Heute, viele Jahre später, ist sie ein sehr fröhliches und beliebtes Lehrpferd. Pferde geben uns so viel, wenn wir nur richtig hinhören.“
Ihr Seelenpferd ist dennoch ein anderes. Mökkur vom Mönchhof, ihr erster eigener Isländer, mit dem sie 1996 zusammenkam. „Es fällt mir immer noch schwer, darüber zu sprechen, weil er erst voriges Jahr gestorben ist“, sagt die 44-Jährige und ihre Augen glitzern dabei.
„Er war 25 Jahre lang an meiner Seite.
Wir haben so viel zusammen erlebt: Ich habe ihn ausgebildet, wir waren auf Turnieren und Wanderritten, ich habe alle meine Trainerscheine mit ihm gemacht.
Er war mein Freund, das Pferd, das mich am meisten gelehrt hat.
Ohne ihn wäre ich mit Sicherheit nicht da, wo ich heute bin.“
Susi und ihre Pferde, das ist eine besondere Geschichte mit viel Glück für beide Seiten.
Für sie könnte es nichts Schöneres geben als die Arbeit mit ihnen.
Motivationsprobleme hatte sie deswegen noch nie. „Ich muss nur zur Haustür hinaus und bin schon motiviert, wenn ich mit einem Wiehern begrüßt werde“, lacht sie.
„Es ist eine wunderbare Erfüllung, Menschen mit ihren Pferden wachsen zu sehen und ihnen auch mal alternative Wege in der Ausbildung zu zeigen, fern von Druck und Zwang.“
Deswegen gibt es bei Susi nur Einzelstunden, durchaus inspiriert von der Lehre einer Linda Tellington-Jones. „Ihre Lebenseinstellung und ihre Art und Weise, mit Tieren umzugehen, ist einzigartig“, erzählt Susi. „Wir Menschen bilden uns ja immer wieder ein, wir wären Lehrer für unsere Tiere.
Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall.“
Lani ist auf Frauchens Schoß gesprungen und lässt sich ausgiebig kraulen.
Stimmt schon irgendwie:
Von Tieren können wir noch eine Menge lernen – besonders in einem ausgezeichnetem Umfeld wie diesem!